everything is better than doomscrolling

Noch 5 Minuten. 

Anderthalb Stunden später ist der Akku von meinem Smartphone endlich leer und ich nutze den Zustand dankend, um mit dem Scrollen aufzuhören. Jetzt möchte ich beginnen, was ich schon vor Stunden machen wollte. Ich fühle mich müde, bin frustriert und ärgere mich über mich selbst.

Aber immerhin kenne ich jetzt die aktuell gehypten Bücher bei den Bookies, Live Hacks für gebügelte Bettlaken und die lustigen Recruiting-Videos von Handwerkern. Das wäre sicher hilfreich, wenn ich gerne Bücher lesen würde, ein Bügeleisen hätte oder im Handwerk tätig wäre.

Warum mich endloses Scrollen unglücklich macht

Hängenbleiben im endlosen Feed – das passiert mir vor allem bei Instagram sehr oft. Es gibt halt viel zu sehen, von Bildern über Stories bis zu Reels. Auch wenn es mir hin und wieder Spaß macht, mich mal eine Stunde der Gehirnschmelze hinzugeben: gut fühle ich mich danach meistens nicht. Ich habe schon häufig darüber nachgedacht, was genau mich daran so unzufrieden macht und konnte dabei ein paar Dinge herausfinden:

  • Die Oberflächlichkeit und Selbstdarstellung. Egal um welches Thema es geht, es muss mit einem eigenen Portrait beworben werden. Jede und jeder hält sich für sehr wichtig. Es ist sehr oberflächlich. Und alle sind Coach und dafür qualifiziert, anderen Ratschläge zu geben und ihnen Kurse (“…die wirklich helfen!”) anzudrehen. 
  • Viel wird nur für die Plattform und den “Erfolg” gemacht. Videos, die überhaupt keinen Sinn erfüllen, außer mir zu sagen, dass ich die Caption lesen soll. Belanglose Antworten auf Kommentare, damit der Beitrag besser performt. Irgendeine blöde Frage am Ende von jedem Text. Anleitungen, welcher Content für den Algorithmus jetzt in ist und welcher out.
  • Low Effort Content. Ich bin hin und wieder in eine Bubble reingerutscht, in der sich alles nur darum dreht, Content zu produzieren. Und zwar viel und schnell. Ohne Aufwand. Sehr lieblos. Viel vom Social Media Content ist wie Tiefkühl Fast Food, das nur kurz in die Fritteuse geworfen wird. Man isst es, ist kurz happy und dann hat man ein flaues Gefühl im Magen und muss den Rest des Tages rülpsen.
  • Und trotz all dem schnellen, lieblosen, unkreativen Content beginne ich mich zu vergleichen. Andere haben so schnell viel mehr Follower, obwohl ihr Content so schlecht ist. Niemanden scheinen meine Inhalte zu interessieren, obwohl ich so viel Leidenschaft reinstecke. Andere sind aktiver, kommunikativer und offener als ich – und sie haben scheinbar den ganzen Tag Zeit, um überall Kommentare zu schreiben. Die üblichen Zweifel, die Social Media auslöst. Und so wird aus “nur mal kurz reinschauen” direkt eine Sinnkrise und Unzufriedenheit.

Aber der wichtigste Punkt, den ich für mich herausgefunden habe, ist:

Konsumieren statt Kreieren ist der Kreativitätskiller

Doomscrolling macht mich ideenlos. Es macht mich müde. Mein Nervensystem ist völlig überreizt. Endlose Social Media Zeit hält mich davon ab, selbst etwas zu machen. Ich schaue anderen dabei zu, wie sie etwas tun. Ich konsumiere nur, aber ich mache nichts.

Aber genau das ist es, was mich glücklich macht: etwas zu erschaffen. Mit meinen eigenen Händen und meinem eigenen Kopf. Ich liebe es, etwas zu kreieren. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich ständig etwas Kreatives machen muss, um bei Verstand zu bleiben. Nimm mir mein Hobby weg und ich finde zwei neue. Außer ich bin gerade am Doomscrollen.

Und deshalb habe ich vor 3 Wochen einfach aufgehört, ständig auf Instagram rumzuhängen. Ich habe seitdem nichts mehr gepostet und sehr selten reingeschaut. “Einfach” ist natürlich leicht gesagt, aber diesmal hat es sich wirklich leicht angefühlt – vielleicht war ich genervt genug von der Situation.

Was ich seit drei Wochen mache, anstatt meine Zeit mit Doomscrolling zu verbringen

  • Ich habe angefangen, zu bloggen. Genau hier. Ich mag es, Dinge zu dokumentieren, aufzubereiten und zu präsentieren. Und hier kann ich das ganz unabhängig vom Instagram-Erfolgsdruck machen. Meine “Ideen für Blogartikel”-Liste wächst regelmäßig und wenn ich Lust habe, mich mit einem Artikel zu beschäftigen, dann mache ich das einfach.
  • Hin und wieder suche ich auch nach anderen Blogs, die ich lesen kann. Ich finde immer mehr Freude an diesem langsamen, tieferen Format wieder. Ich habe mir sogar wieder einen Feedreader zugelegt! 😀
  • Ich habe viele Weihnachtsfilme geguckt. Die mit den anspruchslosen Kitsch-Inhalten, bei denen es am Ende entweder ein Pärchen gibt oder jemand der echte Weihnachtsmann ist. Oder beides! 😀Ich finde das wirklich entspannend. Absoluter no-brainer.
  • Anders entspannend sind auch True Crime Dokus. Meine Netflix Liste wächst und ich komme kaum hinterher.
  • Mini Zines! Ich habe viele Ideen für kleine Mini Magazine, überlege mir den Inhalt und gestalte sie. Und ich recherchiere nach Mini Zines von anderen Künstler:innen und bin fasziniert über diesen ganzen kreativen Output.
  • Das Internet ist mein Laster (schon immer). Ich liebe Memes und all das blöde Zeug, für das das Internet erschaffen wurde. Deshalb habe ich mir andere Plattformen gesucht, von denen ich schneller los komme, als von Instagram. Manchmal lese ich eine Weile bei Threads. Dort fühlt sich noch alles authentischer an. Und wenn ich Lust habe auf die ganze Bandbreite Internetkultur, dann stöbere ich bei Reddit. Da gibts übrigens auch eine Zines Community.
  • Um meinen Rücken zu entlasten, habe ich begonnen, jeden Morgen eine kurze 10 Minuten Morgen Routine zu machen, um fit und auseinandergefaltet in den Tag zu starten. Das tut sehr gut.

Die entscheidende Frage, um einen passenden Ersatz fürs Doomscrolling zu finden

Allgemeine Tipps sind oft wenig hilfreich. Denn mal ehrlich, wer geht plötzlich täglich wandern, statt in sein Smartphone zu schauen? Ich jedenfalls nicht. Um eine passende Ersatzbeschäftigung zu finden, muss ich wissen, warum ich eigentlich gerade mein Gehirn schmelzen möchte. Ist es Langeweile, Erschöpfung oder Ablenkung? Denn je nachdem eignen sich andere Dinge.

Beschäftigungen, wenn ich eigentlich nach Aktivität suche:

  • Haushalt machen, dann ist es erledigt.
  • Spazieren gehen.
  • Einkaufen.
  • Geschenke recherchieren für Weihnachten oder den nächsten Geburtstag.
  • Pflanzen gießen, düngen, umtopfen, abstauben oder die vertrockneten Blättchen mal abzupfen.
  • Buch oder Magazin lesen.
  • Private Projekte anfangen oder weitermachen.
  • Bereiche in der Wohnung optimieren, die mich stören (etwas reparieren, umgestalten, aufräumen).
  • Hobbies nachgehen oder ein neues anfangen.
  • Suppen vorkochen und einfrieren.
  • Jemandem eine Nachricht schreiben.
  • Achtung jetzt wirds verrückt: Sport!
  • Pläne schmieden für den nächsten Urlaub, ein Kaffee Date oder einen Ausstellungsbesuch.
  • Positivtagebuch schreiben oder Termine ins Journal eintragen.
  • An einem Artikel schreiben.

Beschäftigungen, wenn ich eigentlich nach Ruhe suche:

  • Aufs Bett/Couch legen und einen Podcast hören (hier schließt sich der True Crime Kreis wieder!)
  • Filme oder Serien schauen, bei denen ich nicht viel mitdenken muss.
  • Früher schlafen gehen.
  • Aus dem Fenster schauen.
  • Andere Apps nutzen, nach denen ich mich nicht so schlecht fühle.
  • Ein bisschen Selfcare, wie Kopfmassage oder Fußbad.

Wenn der Grund fürs Doomscrolling Prokrastination ist, damit ich andere Dinge aufschieben kann, die ich gerade machen müsste – dann wird es natürlich kompliziert. Denn sich selbst davon abzuhalten, Dinge aufzuschieben, kostet doch wirklich sehr viel Willenskraft und Überwindung. Wenn ich jemals herausgefunden habe, wie das geht, werde ich einen Artikel darüber schreiben.

Vielleicht sollte ich abschließend noch eine neue Regel erfinden: Für jedes Mal, wenn ich nach meinem Handy greife, werde ich ein Glas Wasser trinken. Ich trinke nämlich viel zu wenig und das sollte dieses Problem schnell lösen 😀